Skip to main content

100 Jahre Waldfriedhof

In früheren Zeiten befand sich unser Friedhof, so wie in vielen Orten noch heute üblich,
direkt bei der Kirche. Daran erinnern noch einige prägnante Grabplatten an der
Kirchenmauer und die ehemalige Totenkapelle.
Die rasante Bevölkerungszunahme führte zu entsprechender Platznot, sodass im Jahre
1893 die Gemeinde „500 Schritte südlich der Kirche“ – so Johann Federer in den
Heimatschriftchen – einen neuen Friedhof schuf, der allerdings immer wieder erweitert
werden musste.

Waldfriedhof 01

Bürgermeister Anton von Avanzini und sein Stellvertreter Michael Unterguggenberger
beauftragten den Krippenvater Johann Seisl mit der Planung eines weiteren Friedhofs.
So entstand 1925 unter Seisl’s Leitung ein „Waldfriedhof“,
der erste seiner Art im Tiroler Anteil der Erzdiözese Salzburg.
Bei der Einweihung verstreuten die Franziskaner 10 kg „terra santa“, also Erde aus dem
Heiligen Land.        

Im Zentrum auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel befindet sich die nach Seisl’s
Ideen von Baumeister Ferdinand Mayr geplante und erbaute „Waldkapelle“.
Auffällig ist das steile, über der Apsis abgewalmte Satteldach mit dem hohen Dachreiter.
Ein schlankes Spitztürmchen birgt die kleine Glocke, gewidmet vom Katholischen Arbeiterverein.
Die Pieta stammt von einem unbekannten Künstler und wurde 1925 geschaffen.

Waldfriedhof 02

Waldfriedhof 03

Über 750 Grabstätten und Wandgräber wurden nach den Plänen von Ferdinand Mayr
errichtet und aus den im Stadtarchiv befindlichen Unterlagen geht hervor,
dass daran u.a. die noch heute bekannten Firmen von Thomas Ladstätter, Lorenz Blattl,
Walter Linser und Hans Kirschl beteiligt waren.
Die Gesamtkosten beliefen sich nach heutigem Geldwert auf 137.000 Euro.

Seisl, dessen Passion neben den Krippen dem Gärtnern gehörte, ließ unzählige
Fichten pflanzen, zwischen denen sich über die Jahrzehnte hinweg die Gräber ihren
Platz suchten. Die Bäume erreichten eine stattliche Höhe und wurden durch die immer
öfter auftretenden Stürme zu einer Gefahr für die Besucher des Friedhofs.

Nach der Abholzung im Jahr 2007 wurden wieder Bäume gepflanzt und machen
damit den Waldfriedhof wieder zu dem, der er einmal war:
Ein außergewöhnlich schöner Ort der Ruhe und Idylle.

Die Fachkräfte vom Städt. Bauhof sorgen zuverlässig dafür, dass dieses Kleinod
noch möglichst lange erhalten bleibt.

Bei der Planung und Ausführung stand Johann Seisl stets sein Freund
Pfarrer Matthias Riedlsperger zur Seite.

Der aus Leogang stammende Matthias Riedlsperger war eine außergewöhnliche
Persönlichkeit, auf die im nächsten Stadtmagazin näher eingegangen wird.
Der spätere Ehrenbürger begann seinen Dienst an der Bevölkerung im Jahre
1909 als Kooperator, einer Zeit, als unser Ort noch in die Gemeinden Kufstein-Wörgl
und Rattenberg-Wörgl geteilt war.
Im Jahre 1917- Wörgl war seit einigen Jahren eine Marktgemeinde -
wurde er zum Pfarrer ernannt und1953 verstarb er als Stadtpfarrer nach insgesamt
44 Jahren seelsorglicher Tätigkeit.

Als Pfarrer Matthias Riedlsperger den Friedhof gemeinsam mit dem Salzburger
Weihbischof Dr. Anton Keil einweihte ahnte er nicht, dass er 30 Jahre später in der
Gruft unter der Kapelle neben Johann Seisl in einem Ehrengrab bestattet würde.

Waldfriedhof 04
Ehrengrab für Johann Seisl und Matthias Riedlsperger in der Gruft unter der Kapelle

Waldfriedhof 05

Waldfriedhof 06

 

Quellen: Wörgler Heimatschriftchen, H. Federer; Krippenbau in Wörgl;
Wörgl Ein Heimatbuch, Edition Josef Zangerl;
Wörgl Die Stadt im Porträt (Hannes Dabernig, Adriane Gamper, Arno Abler)

Kontakt: Stadtchronist Toni Scharnagl, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.